Mittwoch, 12. September 2012

La Carretera Austral General Augusto Pinochet - Teil 1

Von Puerto Montt nach Coyhaique – 600 km in 7 Tagen
  
1976 hat der damalige Diktaturmachthaber Chiles – Augusto Pinochet – aus militaerstrategischen Gründen seinen Militärs den Auftrag erteilt, eine “Strasse” zu bauen, damit die Gebiete im Süden des Landes auch erreichbar sind. Bis 1999 hat es gedauert und die “Strasse” erreichte Villa O’Higgins. Bau und Unterhaltung haben bisher mehr als eine Milliarde US$ verschlungen. Wobei man bei der Carretera Austal nicht von einer Strasse sprechen kann, sondern eher von einer Schneise, die durch den Regenwald getrieben wurde. 40km nach Puerto Montt hörte der Asphalt auf und Schotter in allen Formen war der Strassenbelag. Von sandigem Splitt bis zu faustgrossen Steinen, Waschbrett und badewannengrossen Schlaglöchern war alles dabei. Und da die Strasse durch ein sehr bergiges Gebiet verläuft, sind Flachstücke eher selten – vielmehr geht es auf und nieder, immer wieder….. Die gesamte Carretera ist 1.200 km lang. Davon sind in der zwischenzeit um die 200 km asphaltiert und 1.000 km Schotter. Viele Strassenbaustellen findet man entlang der Strasse, die jetzt zum Beginn des Frühlings repariert wird. Wobei reparieren heisst: Schotter auf die Strasse kippen, etwas gerade verteilen und fertig. Für Autos kein Problem – ein Radfahrer versinkt schon mal in dem neuen Schotterbett und fahren wird unmöglich.
  
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Die Carretera ist sehr dünn besiedelt und oft sieht man stundenlang kein Auto und kein Haus. Eine herrliche Ruhe. Dennoch gibt es in guten Tagesabständen immer mal wieder einen kleinen Ort mit Versorgungsmoeglichkeiten. Die Luft ist unglaublich klar und rein und man kann den Frühling ab und zu schon riechen. Über den kleinen Orten liegt jedoch immer eine dichte Rauchwolke und es stinkt. Kein Wunder, denn eine Heizung hat hier niemand - es wird mit nassem Holz geheizt und die Schornsteine qualmen den ganzen Tag,
Die Natur entlang der Carretera ist wunderschön. Möchte nicht wissen, wie das erst im Frühling oder Sommer ist. Wenn die Sonne mal vom Himmel lacht und keine tief hängenden Wolken die Sicht versperren, umgeben einen Vulkane, schneebedeckte Berge, viel Grün, Wasserfälle, glasklare Flüsse und Seen. Wasserversorgung ist hier überhaupt kein Problem – einfach anhalten und Flaschen auffüllen. Habe sogar an einer richtigen Mineralwasserquelle angehalten und das war das beste Wasser seit langem.
   
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Mit all dem Auf- und Ab und dem Schotter ist die Carretera anstrengend zu fahren. Und meine Laune ist genau so wie das Wetter: wechselhaft. Scheint die Sonne, laufen die Kilometer nur so, regnet es mal wieder in strömen wünscht man sich einfach nur noch einen trocknen, warmen Platz. Der heftigste Tag war am letzten Samstag. Ich bin morgens mit Regenklamotten aus dem Zelt raus und Abends total nass und durchgeschwitzt in das Zelt rein. Gegen Mittag gab es mal etwas Sonnenschein und ich habe an Ort und Stelle angehalten, um mein Zelt zu trocknen (was ich übrigens jeden Tag mache). Kaum war das Zelt trocken, regnete es wieder. Gegen 17:30 Uhr war ich im tiefsten Regenwald und ein Campingplatz war nicht zu finden. Vor mir lag ein 500 Meter hoher Pass, über den die Wolken nicht rueber kamen und somit vor dem Pass abregneten. Es nutzte alles nichts, ich musste noch hoch. 1,5 Stunden bin ich die steilen Schotterserpentinen hoch, es wurde immer kälter und oben lag Schnee. Oben auch kein Campingplatz – also auch noch runter. Meine Finger waren in den nassen Handschuhen fast erfroren, die Abfahrt auf nassem Schotter alles andere als ein Vergnügen. Im Tal angekommen gab es dann Asphalt und kurz darauf auch einen kleinen Platz neben der Strasse, wo ich mein Zelt aufstellen konnte. Ich konnte kaum noch die Finger bewegen und das Aufbauen des Zeltes hat länger als normal gedauert. Kaum stand das Ding, bin ich nur noch in den Schlafsack um mich aufzuwärmen. Die Satteltaschen blieben im Regen, da ich den Platz im Zelt brauchte, um meine nassen Sachen zu trocknen – jedoch vergebens, am nächsten Morgen war alles noch genau so nass. Jedoch schien die Sonne und gegen Mittag war mal wieder Trocknungsstopp angesagt.
  
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Aber wie ich schon in Costa Rica gelernt habe – Regenwald wächst nunmal nur dort, wo es auch Regnet. Und fairerweise muss ich auch sagen, dass sich Regen und Sonne in den letzten Tagen das Wetter geteilt haben.
Alles in allem waren es tolle 600km auf der Carretera. Und ich bin mal wieder fasziniert, wie unterschiedlich und abwechslungsreich die Landschaft noch immer sein kann. Ich bin nun über 22.000km in den unterschiedlichsten Vegetationszonen gefahren und erlebe immer noch Neues und Interessantes.
 
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 Home sweet Home                                                       Die Carretera Austral ist die Ruta 7
  
Die größte Stadt an der Carretera ist Coyhaique. Hier bin ich in einem netten Hostal abgestiegen, die Wäsche war in der Wäscherei, habe heute morgen mein Rad zum vierten mal in einer Woche geputzt und es noch in einen Radladen geschoben: neue Bremsbacken mussten her, der Vorderreifen musste nachzentriert werden und eine Schraube habe ich mal wieder etwas überdreht...
Die nächsten 600 km der Carretera nehme ich dann ab morgen unter die Räder und mal schauen, ob es bis zum Ende geht. Denn aufgrund der Jahreszeit ist vieles geschlossen und Fähren fahren nur eingeschränkt. Und ein Grenzübertritt von Villa O’Higgins nach El Chalten ist auch nicht möglich, da die Grenzestation erst am 1. November öffnet. Den zweiten Teil werde ich übrigens zusammen mit Ian fahren, der irische Radler, mit dem ich schon von El Salvador nach Nicaragua gefahren bin. Wir wollten schon ab Puerto Montt zusammen fahren, aber hier musste ich noch einen Tag länger bleiben als geplant, da meine Felge am Vorderrad total verschlissen war und eine neue her musste. Langsam aber sicher merkt man, dass das Material über ein Jahr in gebrauch ist.
  
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PS: Wie ich in den Nachrichten gelesen habe, ist in Nicaragua der Vulkan San Cristobal ausgebrochen. Um diesen Vulkan bin ich vor einigen Monaten zusammen mit Ian gefahren, während er kleine, weiße Wolken in den Himmel gespuckt hat.
 

1 Kommentar:

Hans-Ueli Flückiger hat gesagt…

Hallo Andre
Dein neues Foto vom "Denkmal" der Carretera Austral in La Junta habe ich am 8.März 2009 "geschossen". Ich hatte mehr Wetterglück als du.
Die Welt ist klein, letzthin habe ich einen Eintrag von dir im Gästebuch bei loslo.net gefunden. Anelies und Hannes habe ich im Juni 11 in Putre getroffen.
Dir weiterhin viel Glück und hoffentlich besseres Wetter. Herzliche Grüsse
Hans-Ueli Flückiger