Nach einem guten Fruehstueck im Hostel mache ich mich auf den Weg aus der Millionenstadt Arequipa. Dank meinem I-Phone und der Kartenapp finde ich gut aus der Stadt heraus und schon bald dominieren nicht mehr Häuser den Horizont sondern die beiden Vulkane Misti und Chachani, die ich fast zur Hälfte umrunde. Von 2.300 Metern geht es in knapp zwei Tagen rauf auf 4.528 Meter. Hier oben liegt der aus einigen Hütten bestehende Ort “Crucero Alto”.
Es gibt nur sehr wenige Hütten und Orte entlang der Strasse, aber die Landschaft im Nationalpark “Salinas-Aguada Blanca” ist mal wieder wunderschön. Es geht an kleinen und grossen Lagunen vorbei, in denen sich Flamingos finden und viele Vecunaherden grasen entlang der Strasse. Ich spüre deutlich die dünne Luft, denn meine Akklimatisation der letzten Wochen ist auf Meereshöhe schnell wieder verschwunden und mein Körper muss sich erneut an die Höhe gewöhnen. Ferner weht hier oben im Altiplano ein eisiger Wind und einen Tag zieht sich der Himmel so zu, dass es anfängt leicht zu schneien. Tagsüber fahre ich mit Daunenjacke und dicken Handschuhen, denn der Wind kuehlt einen so richtig aus. Abends ist es schwer, einen windgeschützten Platz für das Zelt zu finden, da es hier bis auf Steppengras und Steinen nicht viel gibt. Und obwohl mein Daunenschlafsack sehr warm ist, lasse ich in den Naechten so einige Sachen an, damit ich nicht frieren muss. Wasser und Batterien teilen sich mal wieder mit mir den Schlafsack.
Nachdem ich den höchsten Punkt erreicht hatte, ging die Strasse im welligen auf und ab durch die Landschaft. Aber auch ebene Strecken mit Rückenwind liessen die Tageskilometer schnell anwachsen, so dass ich bis zum Titicacasee sehr gut vorangekommen bin. Den ersten Blick auf den See hatte ich in Puno – aber dass es jetzt so beeindruckend war, kann ich nicht behaupten. In Puno habe ich in einer “Plaza Real” (einem grossen Einkaufszentrum, die man überall in den grossen Städten Perus findet) meine Essenstasche mit guten Leckereien aufgefüllt und bin weiter. Die Strasse entfernte sich wieder vom See und er war für die nächsten 80km nicht mehr zu sehen. Erst ab “Juli” konnte man den See wieder sehen und die Strasse führte am See entlang. Ab hier würde ich den See dann auch als schön beschreiben. Ich war fast am Suedufer und konnte das Nordufer nicht sehen. Am Ostufer war bereits Bolivien und die schneebedeckten Berge der “Cordillera Real” ragten in der Ferne gigantisch in den Himmel.
Yunguyo heisst der Grenzort in Peru – ich bekam meinen Ausreisestempel in den Pass und 200 Meter weiter begrüßte mich ein älterer Herr an der Strasse mit “Bienvenidos a Bolivia”. Kasani heisst der Grenzort auf der bolivianischen Seite – und auch hier gab es den Einreisestempel ohne großes Prozedere. Lediglich eine blaueTouristenkarte musste ich ausfuellen. Und eh ich mich versah, war ich im 13. Land meiner Reise angekommen. Beide Grenzorte sind verschlafen und ruhig und keine lästigen Geldwechsler bedrängten einen. Ich konnte in aller Ruhe mein Geld in einem “Casa de Gambio” wechseln und zur Feier des Tages gab es an der Grenze erst mal eine Cola und Schokolade. Mit dem Grenzübertritt wurde die Uhr auch um eine Stunde vorgestellt. Der Zeitunterschied zu Deutschland ist somit nur noch 6 Stunden.
Dann ging es noch 8 hügelige Kilometer nach Copacabana, einem schonen aber sehr touristischen Ort direkt am Titicacasee. Ich hatte von anderen Reisenden gehört, dass Bolivien ein günstiges Reiseland ist. Wie günstig, habe ich dann in Copacabana erfahren. Nach den eisigen Campingnächten durfte es ein etwas besseres Hotel sein. Ich habe am ersten angehalten und nach dem Preis gefragt. Nicht einmal, nicht zweimal sondern dreimal – um auch sicher zu sein, dass ich das richtig verstanden hatte. Für umgerechnet 5,40 EUR habe ich dann in einem der besten Hotels des Orts genaechtigt. Alles neu und modern, warmes Wasser, Holzfussboden, TV und pikobello sauber. Ich war begeistert.
Nach einem Ruhetag ging es weiter in die Hauptstadt Boliviens – La Paz. Es ging weiter am Titicacasee entlang. An einer Engstelle musste ich mit einem Holzboot übersetzen. 5 Bolivianos hat die Überfahrt auf dem abenteuerlichen Schiff gekostet. Das die Dinger überhaupt auf dem Wasser geschwommen sind, war schon beachtlich, vorallem wenn man mal sieht, was die so alles geladen hatten.
Die Cordillera Real wurde immer beeindruckender und die beiden Bergriesen Huayna Potosi (6.088m) und Nevado Illimani (6.439m) setzten sich immer mehr in Szene. So 30 km vor La Paz ging es dann los. Die Bebauung wurde immer dichter, der Verkehr immer mehr, die Dunstwolke der Autos stank zum Himmel. El Alto (Vorort von La Paz) war dann der Höhepunkt des Chaos. Ich habe schon viel Erlebt, aber der Verkehr hier hat mir echt den letzten Nerv geraubt. Collectivos (kleine Busse) fuhren, standen, kreuzten, jagten einfach überall. Einer “rammte” mich sogar und als ich schreiend auf der Strasse stand, schaute er mich nur komisch an – so nach dem Motto: was machst du auch hier mit deinem Fahrrad. Ueber die Autobahn ging es runter in den Schmelztiegel La Paz – auf etwas mehr wie 10km ging es gute 500 Hoehenmeter runter. Die Hauptstadt Boliviens ist gross, geschaeftig, voll und unruhig. Viel Verkehr verstopft die Strassen. Der einzige Lichtblick: Die Casa de Ciclista von Cristian. Hier bin ich untergekommen und teile mir das Haus mit 4 anderen Radfahrern. Mal schauen, wie lange ich hier bleibe….
Und sonst:
Ein LKW mit “Gloria” Dosenmilch ist in einer Kurve umgekippt. Die Einheimischen hat es gefreut – denn es gab Dosenmilch ohne Ende.
Zwei riesige Inka-Koepfe bewachen die Strasse und schauen auf den Asphalt. Erinnert mich irgendwie an “Die unendliche Geschichte”, wo Atreiu mit seinem Pferd mitten durch die zwei Steinfiguren reiten muss, aus deren Augen toedliche Strahlen kommen.
Getreide wird zum trocknen aufgestellt – wie vor 70 Jahren bei uns auch. Und die Hirten gehen mit ihren Kuehen, Schafen oder Schweinen an der Leine raus zu den Plaetzen, wo die Tiere Futter finden.
In Peru seinen Weg zu finden, ist nicht immer einfach. Es gibt kaum Schilder oder Wegweiser. Vorallem in den Staedten sucht man nach Strassennamen manchmal vergebens. Da hilft nur eines: Fragen. Aber die Peruaner kennen sich in ihrem Land gut aus und helfen gerne.
Camping mit Blick auf den Huayna Potosi im Sonnenuntergang.
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