Oder von Calama ueber San Pedro de Atacama, Retour nach Calama und dann nach Santiago de Chile.
San Pedro de Atacama ist ein sehr bekannter Ort im Norden Chiles und dort wollte ich auch gerne hin. Eine Oase mitten in einer der trockensten Wüsten der Erde, der Atacama. Von Calama ging es aber erst mal 60km moderat bergauf, dann 20km Sturzflug und die letzten 20km in den kleinen Ort waren ein welliges auf und ab. Kurz nach Sonnenuntergang war ich dort. Der Ort ist touristisch und teuer. Für ein Dorm-Bett musste ich 14 EUR bezahlen, Essen und Getränke habe auch stolze Preise. Nach all den billigen Ländern zuvor ist das ein ganz schöner Preisschock und man wundert sich nur noch. War mir den Abend aber ziemlich egal, denn ich bin nur noch müde in mein Bett gefallen. Am nächsten Tag dann ein gutes Fruehstueck und etwas ausruhen. In der Sonne unter den schattigen Pfefferbäumen rund um die Plaza de Armas ging das ganz gut.
Ich war aber nicht nur hierher gekommen, um den Ort zu sehen, sondern wollte weiter nach El Tatio und zum Gysir. Die Tour ist in meinem Bikebuch als anstrengende Tagestour beschrieben – aber sollte an einem Tag zu machen sein. Um die 92km von San Pedro de Atacama nach El Tatio zu schaffen, bin ich früh schlafen gegangen und am nächsten Morgen sass ich bereits um 05:30 Uhr bei absoluter Dunkelheit und Kälte auf dem Rad und strampelte meinem Ziel entgegen. Kurz nach San Pedro dann ein Schild, dass mir gar nicht gefiel: Der Asphalt hörte auf und die Strasse wurde schlechter und schlechter. Sand, Steine und Wellblech erschwerten das Vorankommen. Schlimmer jedoch waren die stellenweise sehr steilen Anstiege. Hier musste ich regelmäßig absteigen und hatte Mühe und Not, mein Rad den Berg hoch zu schieben. Und die Strasse kletterte die ganze Zeit über unaufhörlich in den Himmel. Viele Pausen, Schiebeeinlagen und verzweifelte Blicke entlang dem weiteren Weg liessen meine Freude auf den Geysir immer weiter schwinden. Gegen 16:30 Uhr zeigte mein Tacho 9 Stunden reine Fahrt- oder besser Schiebezeit an. Ich hatte von den 92km wahnsinninge 40 km geschafft!! Als ich in der Ferne ein Auto erblickte und dieses irgendwann vor mir stand, fragte ich den Fahrer, ob er von El Tatio gekommen ist. Als dieser die Frage mit “Ja” beantwortet hat, war für mich klar, dass ich ohne weitere Anstalten umkehre, denn der weitere Weg sah nicht viel besser aus. Der Gysir kann nur vor Sonnenaufgang bestaunt werden, da die Dampfsäulen mit Sonnenaufgang in sich zusammenzubrechen. Und für zwei Tage hatte ich nicht genug Wasser mit und ich war auch total am Ende mit meinen Kräften. Somit habe ich mein Rad umgedreht und bin die 40km bergab in weiteren 3 Stunden runtergerappelt und habe irgendwann gegen 20:30 Uhr wieder San Pedro erreicht und bin nach einer Dusche in mein Bett gefallen.
Am nächsten Morgen taten alle Knochen weh, ich war motivationslos und mir wurde klar, dass ich dringend eine längere Pause brauche – der Akku war leer. Ich habe die beiden grossen Büros der Busunternehmen besucht und wollte ein Ticket von San Pedro nach Santiago lösen. Aber sobald ich was von “Fahrrad” gesagt habe, war Schluss mit Lustig, denn ein Rad wollte keiner Mitnehmen. Hier konnte man merken, dass Chile sehr europäisch geprägt ist und einfache Dinge, die vorher ohne Probleme möglich waren, wurden ohne ersichtlichen Grund zum grossen Problem. Somit blieb mir nichts anderes übrig, als die 100km nach Calama mit dem Rad zurück zu fahren. Die Aussicht auf die 60km Talfahrt haben mir etwas Antrieb gegeben – aber davor musste ich mich erst mal die 20km rauf zum Pass “Barros Arana” quälen. Die Strasse führte durch die “Llano de la Paciencia” – die “Ebene der Geduld”. Und bei den Aussichten wurde meine Geduld auch auf eine harte Probe gestellt.
Oben am Pass angekommen – es war bereits nach 16:00 Uhr – blies mir dann der tägliche, stuermische Südwest-Wind in’s Gesicht und ich musste bergab weiterhin in die Pedalen treten, damit mich der Wind nicht zu sehr ausbremst. Trotzdem lief es halbwegs gut runter und ich habe 20km vor Calama mein Zelt aufgestellt. Am nächsten Morgen bin ich dann in die Stadt und habe die Busunternehmen abgeklappert und gehofft, eines zu finden, das mein Rad mitnimmt. Beim 5. hatte ich dann Glück. Für 25.000 Pesos konnte ich von Calama nach Santiago fahren, musste mein Rad nicht unnötig demontieren oder etwas extra bezahlen – theoretisch und laut der Chica hinter dem Schalter. Die Wahrheit am nächsten Morgen sah etwas anders aus. Der Busfahrer verdrehte nur die Augen und wollte, dass ich mein Rad auseinander nehme. Ich habe ihm nur erklärt, dass ich kein Werkzeug dafür habe und lediglich mein Vorderrad rausnehmen kann. Dann kam das Rad in den Kofferraum und unter meinem Protest wurden zahlreiche Koffer auf meinem Rad gestapelt. Außerdem sollte ich 10.000 Pesos extra für das Rad bezahlen. Alles zetern und lamentieren half nichts. Als ich mein Protemonai zückte und dem Fahrer gezeigt habe, dass ich nur noch 6.000 Pesos in der Tasche habe, gab er sich damit zufrieden. Dann startete eine 20-stuendige Odyssee in einem engen Bus, denn mein netter Vordermann hat sofort nach dem hinsetzen seinen Sitz bis zum Anschlag nach hinten gekippt. Aber auch die längste Fahrt geht einmal vorbei uns ich stand am Sonntag morgen um 07:00 Uhr in Santiago de Chile, der Hauptstadt des Landes, in der mehr als 5 Mio. Menschen leben.
Es war kalt, bewölkt, regnete leicht und alles war irgendwie nur grau in grau. Kein Wunder, es ist ja auch schließlich Winter auf der Suedhalbkugel. Außerdem war ich das erste mal seit Monaten wieder unterhalb von 3.000 Metern und die Luft war voll da, ohne dass man leicht in’s schnaufen gekommen ist. Ich habe ein gutes Hostal gefunden und es stand für mich fest, dass ich hier wohl ein paar Tage länger verbringen werde.
Wie schon gesagt, ist Chile sehr europäisch geprägt – und viele Dinge, die ich in den letzten Monaten vermisst habe, findet man hier wieder. Es ist möglich in kleinen Läden mit grossen Geldscheinen zu bezahlen, Tiendas (kleine Läden) sind sehr gut sortiert und man findet viele Dinge einfacher. Große Supermärkte oder Shopping Malls haben fast alles, was das Herz begehrt. Wasser aus der Leitung ist trinkbar und es gibt Toilettenpapier auf den Toiletten. Seit Mexiko bin ich eigentlich nie ohne meine eigene Rolle Klopapier aus dem Haus gegangen. WIFI ist wieder verstärkt zu finden und die Bürgersteige sind begehbar. Die Auswahl an Restaurants beschränkt sich nicht nur auf “Pollo con Papas” oder “Hamburgesas”. Der Verkehr ist geordnet und das ewig hupen ist fast verstummt. Der Nachteil all dieser Dinge: das Preisniveau ist wie bei uns. Somit wird die letzten Wochen wohl wieder vestaerkt zelten und selber kochen auf dem Programm stehen. Man kann hier in einer Woche soviel Geld ausgeben, wie in drei Wochen Bolivien – und in Bolivien konnte man es sich die drei Wochen richtig gut gehen lassen, mit Hotel und Essen gehen. Ist schon krass.
Ich habe die Hauptstadt auf jeden Fall genutzt, um mir nach über einem Jahr mal neue Schuhe und andere Kleinigkeiten zu kaufen. Mein Rad hat die schlechten Pisten auch nicht wirklich überstanden und ein Knacken im Hinterrad war wieder da. Ein guter Radladen, der sich dem Problem angenommen hat, war schnell gefunden. Ferner habe ich die Tage genutzt, um im Hostal zu kochen und ordentlich Kalorien zu tanken. Ein gutes Bier oder eine Flasche Wein haben beim Abendesse nicht gefehlt. Stadtbesichtigung habe ich auf ein Minimum beschränkt, da ich die Zeit wirklich zum Ruhen und Erholen nutze.
Außerdem habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und meinen Heimflug nach Deutschland gebucht. Ich werde am 21. Oktober von Ushuaia über Buenos Aires und Madrid nach Düsseldorf fliegen und dort am 22.10. landen. Somit bleiben mir noch zwei Monate um mein Ziel Feuerland zu erreichen – aber das sollte reichen. Am Samstag geht es weiter in Richtung Süden und zur Carretera Austral. Ich bin zwar von der Jahreszeit her gesehen etwas zu früh dran, aber irgendwie wird es schon gehen.
1 Kommentar:
hi andre,
tolle bilder vom salar......war das nicht schrecklich kalt so ganz nackt und nur mit socken?
wir sind noch in la paz...aber morgen geht es wieder weiter.
liebe gruesse
martina und jons
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