Dienstag, 7. August 2012

Radfahren in Süd-West Bolivien

Im Internet gibt es einen Tourenguide, der den Radler mit einigen Informationen über die einsamste Gegend Boliviens versorgt. Zitate aus dem Tourenguide:

No matter where you cycle in Bolivia, it will most likely be a challenge, but none more so than in the south western region.

So, if you are wondering why anyone would want to compel themselves to long periods of bike pushing in deep sand and along washboard surfaces, limited options for obtaining water and food supplies and often achieving only 30 kilometres a day….

 Roads: These will be your biggest nightmare in the southwest especially…..

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Das alles entspricht der Wahrheit und ist nicht untertrieben. Es war hart in den letzten Tagen.

Nachdem ich aus dem Talkessel von La Paz raus war, ging es über das Altiplano zügig in Richtung Oruro, wo ich bereits zwei Tage später angekommen war. Hier gab es noch mal einen Ruhetag, den ich genutzt habe, um Lebensmittel zu kaufen und das Rad auf Fordermann zu bringen. Dann ging das Abendeuer los. Mit einem schwer beladenen Rad (Lebensmittel für 5 Tage, Wasser, Kocherbenzin…..) bin ich aus Oruro raus. Gute 170km ging es noch auf Asphalt in Richtung Süden, dann bei Quillacas hörte der Asphalt für die nächsten 500km auf. Die folgenden Tage ging es dann über Waschbrett-, Sand- und Steinpisten weiter. Langsames fahren, schieben, Rad tragen, auf- und absteigen sowie fluchen gehörten zum Radleralltag. Auch mit der Versorgung wurde es schwieriger, da ich nun im Nichts von Süd-West Bolivien war. Wasser und Lebensmittel waren genau eingeteilt. Die Nächte und die ersten Morgenstunden waren immer eisig, eisig kalt. Aufstehen vor Sonnenaufgang unmöglich, wenn man nicht erfrieren wollte. Mittags knallte dann die Sonne vom Himmel und gleichfalls kam jeden Tag um diese Zeit ein leichter Gegenwind auf, der am späten Nachmittag stellenweise Sturmstaerke erreicht hat. Und das alles Tag für Tag für Tag für Tag….

Warum ich diese Route gefahren bin? Die Landschaft ist einfach einmalig schön, die Farben der Natur sind unbeschreiblich intensiv, die Stille (vorallem in der Nacht) ist unbeschreiblich, die Sterne funkeln so klar vom Himmel und es ist ein wirkliches Abendeuer fernab jeglicher Zivilisation. Das alles entschädigt für die unglaubliche Tortour.

Panorama Bolivien 4
   
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Ein Highlight, auf das ich mich seit Wochen gefreut habe, war der Salar de Uyuni – der größte Salzsee der Erde. Ich konnte es kaum erwarten hier zu fahren. Der Salar hat sich bis zum Schluss hinter dem Vulkan Thunupa versteckt und seine wahre Groesse – oder besser Unendlichkeit – erst im letzten Augenblick gezeigt. Im Norden bin ich dann endlich auf den Salar drauf und hatte mit einer schönen, ebenen Salzfläche gerechnet, auf der man förmlich dahinfliegt. Fehlanzeige. Die Oberfläche war dermassen uneben, dass jegliche Freude verflogen war. Mit 7 km/h bin ich über den Salar gehukelt. Ich würde sagen: Geschüttelt, nicht gerührt. Die “Isla Incahuasi” in der Mitte des Sees, habe ich erst am späten Nachmittag erreicht – nach 59 schrecklichen Kilometern. Ich konnte mich nicht mal darueber freuen, dass ich meine 20.000km auf dem Salar voll gemacht habe. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Auf der Insel gibt es ein Refugio, in dem Radfahrer uebernachten koennen (Achtung: Preise haben sich verdoppelt. Inseleintritt 30 Bolivianos, Uebernachtung auch 30 Bolivianos). Hier traf ich auf die beiden Radler Gerard (Holland) und Andreas (Oesterreich), die genau wie ich über den Salar geholpert sind und vergebens eine Art Strasse gesucht haben. Nachdem man um 20:30 Uhr noch versucht hatte, uns aus dem Refugio in eine Abstellkammer zu verlegen (wir haben uns geweigert) war der Tag perfekt. Aber all das war am nächsten Tag vergessen, denn auf dem weiteren Weg in den Süden war der Salar dann so, wie ich mir das vorgestellt habe. Auf einer “Strasse” ging es eben dahin und die Kilometer flogen nur so. Das Salz knackte unter meinen Reifen, hier und da hielt ein Jeep an und die Touristen fotografierten den verrueckten Radfahrer. Das unendliche weiss, die Ruhe und die gute Piste haben den Salar somit doch noch zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht.

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Mein GPS, das ich hier wirklich zum ersten mal gebraucht habe, hat mir den Ausgang vom Salar gezeigt und mich an so mancher Kreuzung auf den richtigen Weg gebracht. Denn seinen Weg hier zu finden, war bei all den Sandpisten nicht immer einfach. San Juan de Rosario war dann der erste groessere Ort nach dem Salar. Ich bin in einem kleinen Hostal untergekommen und habe alle Tiendas im Ort abgeklappert um mir Lebensmittel für die nächsten fuenf Tage zu kaufen. Am schwersten war es, Brot zu bekommen. Dann ging es weiter in Richtung Grenze zu Chile. Die Ausreise verlief ohne Probleme. An der Grenze traf ich noch auf ein junges bolivianisches Maedchen, das nach Chile einreisen wollte. Sie brauchte mal eben 3.000 US $ um dort einreisen zu duerfen. Ich sollte ihr doch mit dem Geld aushelfen – kein Problem, mein Satteltaschen sind ja schliesslich voll mit Dollares….. soll heissen, ich konnte ihr nicht helfen, was sie nicht so ganz verstanden hat, da ich ja angeblich auch dieses Geld brauchte, um in Chile einzureisen.

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In Chile gab es dann eine Lebensmittelkontrolle, da man tierische Produkte nicht einfuehren darf. Meinen Kaese habe ich ganz unten in der Satteltasche versteckt, da ich den nicht hergeben wollte. Die anderen Lebensmittel habe ich gezeigt – und durfte alles mit über die Grenze nehmen. Nur Geld umtauschen war nicht moeglich. Gut, dass ich in La Paz schon etwas Geld getauscht hatte. Es ging weiter über schlechte Pisten zum Salar de Carcote und dem wunderschoenen Salar de Ascotan. Schneebedeckkte Vulkane ragten in den blauen Himmel und der Wind verursachte so manchen Sandsturm. An einem kleinen Polizeiposten auf einem 4.000 Meter hohen Pass konnte ich Wasser bekommen, aber leider kein Benzin für meinen Kocher. Also blieb die Kueche am letzten Abend im Nichts kalt. Der erste richtige Ort in Chile war “Chui Chui” und hier kam dann der ersehnte Asphalt wieder. Dennoch ging es nicht wesentlich schneller voran, denn der Gegenwind meinte es an diesem Nachmittag nicht besonders gut mit mir. 11 Tage nachdem ich Oruro verlassen hatte, stand ich dann in Calama, einer grossen Stadt mitten in der Atacama Wueste. Ich bin zur Bank, um Geld abzuheben und dann in einen Supermarkt. Hier stand ich ziemlich ueberwaeltigt vom Warenangebot zwischen den Regalen und wusste gar nicht, was ich alles kaufen sollte. Auf jeden Fall habe ich Kaese gekauft, der nach langer Zeit mal wieder nach Kaese geschmeckt hat und es gab reichlich Obst nach all den entberlichen Tagen.

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PS: Weitere Infos ueber Radfahren in Sued-West Bolivien gibt es in hier.
 

1 Kommentar:

Mario Fritsche hat gesagt…

Servus André!

Ich glaub, die Salz Wüste ist dann doch ein wenig zu einsam für dich, wenn ich mir die Fotos so beschaue...

Gute Weiterfahrt!
Mario

P.S.: Der Server brummt!