Donnerstag, 23. August 2012

Grauer Himmel, Regen und der Sattelschlitten

Auf der Ruta 5 von Santiago de Chile in den Sueden nach Concepcion.
  
Am letzten Abend gab es im Hostal noch eine Party mit Piscola (Pisco mit Cola) und die Chilenen haben mir versichert, dass Pisco urspruenglich nicht aus Peru, sondern aus Chile stammt. Auf jeden Fall hat das Zeug ganz gut geschmeckt, aber nach zwei Gläsern bin ich in’s Bett, da es am nächsten Tag weiter gehen sollte. Gegen 08:00 Uhr morgens ging es dann los, und es gab am Himmel sogar etwas blaues zu sehen, nicht mehr das graue Einerlei der letzten Tage. Über die Ruta 5 bin ich aus der Stadt raus und die Strasse war wirklich eine Autobahn. Im Sekundentakt rauschten Autos, Busse und LKW an mir vorbei, in passenden Abständen kamen Autobahnraststätten und auch ich konnte auf der ebenen Strasse gut Kilometer machen. Zu meiner linken (also im Osten) begleitete mich der Anden-Hauptkamm mit seinen schneebedeckten Bergen weit über 140km. Immer wieder kleine Orte entlang der Strasse und ein Weinfeld nach dem anderen.
  
    
  

  
Etwas schwieriger war es, einen Zeltplatz zu finden. Die Ruta 5 war total eingezaeunt. Sieben Reihen Stacheldraht schützten die Weinfelder oder Wiesen, Leitplanken die Autofahrer und dazwischen Dornenbüsche und Gräben. Habe dennoch die ersten zwei Naechte nach etwas längerem suchen, etwas gefunden. Einmal inmitten der Weinstöcke sogar mit einer Bank und einem Tisch und einmal habe ich einen Zaun etwas unsanft geöffnet und bin in einem alten, leerstehenden Haus untergekommen.
   
    
  
Die Ruta 5 war ansonsten langweilig und nicht sehr spektakulär. Warum also nicht zurück an den Pazifik? Ich bin in Curico abgebogen in Richtung Westen – und durch das Tal des “Mataquito” geradelt. Ich musste jedoch schnell feststellen, dass das keine gute Idee war. Es wurde nämlich verdammt, verdammt hügelig und der Wind pfiff mir von allen Seiten um die Ohren. Der Himmel war grau in grau und der Regen peitschte mir in’s Gesicht. Es hat mir auf meiner Tour nicht viel ausgemacht, wenn ich Kilometer lang bergauf fahren musste. Aber dieses wellige Profil an der Küste mit den vielen kleinen, gemeinen Steigungen und Downhills hat mich fertig gemacht. Die kurzen Steigungen waren stellenweise so steil, das ich schieben musste. Die Beine schmerzten und meine Lust auf Radfahren schwand mit jeder Stunde. Und wer meint, die Strasse führt schön am Meer entlang hat sich auch getäuscht. Es ging im Hinterland durch Nadelwälder und vorbei an unzähligen Sägewerken. Jedoch konnte ich eine Nacht mein Zelt mal wieder am Ozean aufstellen und dem rauschen der tosenden Wellen lauschen.
  
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Nach einigen Tage war alles irgendwie nur noch klamm und nass und selbst mein Zelt und mein Schlafsack sammelten die Feuchtigkeit. Es mussten ein Hotel und eine heiße Dusche her. In Curanipe, einem kleinen Nest am Meer, war es dann soweit. Aber nicht, weil mir der Ort so gut gefiel, sondern weil an meinem Rad mal wieder ein etwas größeres Problem aufgetaucht ist. Der Sattelschlitten (Verbindungsstück zwischen Sattel und Sattelstuetze) war gebrochen und der Sattel hing daneben. TOLL!!!! Der Ort hatte drei Unterkünfte. Die erste war geschlossen, an der zweiten war alles voll (eine Lüge des Besitzers, denn als er mich tropfnass mit meinem Fahrrad gesehen hat, wollte er mich wohl nicht haben – und ich habe gesehen, dass die Zimmer leer waren) und an der dritten hat man mich zwar etwas komisch angesehen, aber ich konnte bleiben. Anstatt unter die warme Dusche, bin ich erst mal zum örtlichen Schmied gegangen. Dessen Schmiede lag natürlich am anderen Ende des Ortes. Und er hat mir bestätigt, was ich vermutet habe – der Sattelschlitten ist aus Aluminium und somit für ihn nicht zu schweißen. Also Plan B: Mit einem Taxi ging es dann in den nächsten groesseren Ort, da es dort einen Radladen gab. Einen neuen Sattel wollte ich kaufen. Dort angekommen, hatte der Laden natürlich geschlossen. Also wieder zurück und erst mal duschen. Geld für das Taxi war futsch und ich keinen Schritt weiter.
  
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Am Abend und in der Nacht hat es wie aus Eimern geregnet. Meine Sachen, die ich im Hotelzimmer zum trocknen verstreut hatte, waren am nächsten Morgen immer noch klamm. Außerdem schüttete es immer noch aus Eimern. Da kam mir eine Idee, mit der ich drei Fliegen mit einer Klappe erschlagen konnte. Ich fahre mit dem Bus nach Concepcion. 1) Kein Regen im Bus, 2) ich entgehe den verdammten Hügeln an der Küste und 3) dort kann bestimmt jemand Alu schweißen. Das Busfahren gestaltete sich diesmal sogar problemlos und 100km später war ich in der zweit größten Stadt des Landes. Meine Unterkunft ist eine absolute Absteige für 17,00 EUR, und ich kann mich dem Eindruck nicht verwehren, dass die Bettwäsche schon mehrere Gäste gesehen hat. Eine Schweisserbude, die Alu schweißen kann, war nach etwas suchen auch gefunden. Es hat zwar mehr als einen halben Tag in Anspruch genommen, aber der Schlitten ist wieder ok und alles wieder am Rad montiert. Ich hoffe mal, dass mir der Brooks Sattel somit noch bis zum Ende der Reise dienlich ist. Mein Zelt steht auf dem kleinen Balkon des Hotels zum trocknen und die Wäsche ist in der Wäscherei – nicht, weil sie so dreckig ist, sondern auch zum trocknen….
Die Stadt ansich haut mich nicht vom Hocker. Es ist halt eine Industrie- und Hafenstadt ohne Flair. Je weiter ich in den Süden komme, desto mehr deutsche Einflüsse finde ich. Ich wurde bereits zweimal auf deutsch angesprochen, das Wort “Kuchen” ist ein fester Bestandteil der Sprache hier und man findet immer mehr deutsche Produkte.
  
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Mal schauen, ob ich mir heute Abend ein Krombacher gönne. Nach all dem Regen und der nassen Kälte (es ist tagsüber so um die 10 Grad) wäre ein heißer Tee aber wohl die bessere Wahl. Das Wetter soll übrigens nicht gerade besser werden, sondern der Süden wartet mit noch mehr Regen auf. Fazit: Soviel Regen und grauen Himmel wie in den letzten Tagen habe ich auf meiner ganzen Reise zusammen noch nicht gehabt. Und den letzten Regen beim radfahren habe ich irgendwo in Kolumbien gesehen…..Auf jeden Fall macht das die ganze Landschaft ziemlich trostlos und für gute Motivation sorgt es auch nicht gerade.
  
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3 Kommentare:

Ian Lacey hat gesagt…

Great blog Andre... I'm going down 5 myself. I hear there is a great shoulder on it. I booked flights home too for the 17th October so looks like I'll meet you somewhere down that way! Ian.

Dirk hat gesagt…

Durchhalten Andre, bald hast Du es geschafft und wir verfolgen alles mit rießigem Interesse und haben einfach nur Resepkt vor Allem!!!

Anonym hat gesagt…

Moin André,

sonst musste östlich der Anden fahren, durch Argentina. Regnets da nicht weniger?

Beste Grüße

Martin