Mittwoch, 9. Mai 2012

Auf dem hoechsten Berg der Welt

Ja, genau!! Ich war auf dem höchsten Berg der Welt. Und keine Angst, die Höhenluft hat mich nicht verrückt gemacht und einen Abstecher nach Nepal habe ich auch nicht eingelegt. Aber dazu später mehr.

Santiago hat mir noch eine gute Wegbeschreibung aus Tumbaco mitgegeben, damit ich durch Quito nicht durchradeln musste. So habe ich die Casa de Ciclista verlassen und es ging weiter in Richtung Süden. Über Machachi bin ich zwei Tage später in Latacunga angekommen. Und hier ist das Zentrum für alle Bergverrückten, die gerne mal auf einen der Vulkane Ecuadors möchten. Und zu denen zähle ich mich dazu. Im Hostal Tiana bin ich abgestiegen, ein tolles Hostel mit einer Agentur für Bergbesteigungen. Also nicht lange überlegt und zwei Touren waren schnell gebucht: Cotopaxi und Chimborazo. Bereits am nächsten Tag sollte es losgehen auf den Cotopaxi - 5.897 Meter.
Meine fehlende Ausrüstung bekam ich im Hostal und mit meinem Guide Emilio ging es am nächsten morgen los in Richtung Cotopaxi Nationalpark. Geparkt wurde auf 4.500 Meter und die letzten 300 Höhenmeter bis zum Refugio Jose-Ribas ging es zu Fuss rauf.



Der Engländer Edward und sein Guide Fausto waren auch noch auf der Hütte, ferner zwei Amerikaner mit Guide. Somit waren nur vier Bergsteiger und drei Guides oben. Das versprach eine ruhige Besteigung zu werden. Gegen 17:30 Uhr gab es Abendessen und dann sind alle in die Schlafsäcke verschwunden. Um Mitternacht sollten wir geweckt werden. War bei mir aber nicht nötig, da ich eh die ganze Nacht kein Auge zugemacht habe und dem Sturm gelauscht habe, der um die Hütte tobte. Ein kleines Frühstück, anziehen und um 01:00 Uhr ging es los in die Nacht und in Richtung Gipfel. Trotz Sturm war es nicht all zu kalt am Berg. Der Vulkangipfel lag wolkenlos über uns, unter uns waren in einer Wolkenlücke die Lichter von Quito zu sehen. Sonst war alles zu mit Wolken - jedoch waren diese Wolken unter uns. Die Nacht wurde erhellt durch unzählige Blitze in den Wolken und unsere Stirnlampen liessen die Schneekristalle wie Diamanten funkeln. Die ersten 45 Minuten ging es über Sand und Steine, dann haben wir die Steigeisen angelegt und sind über Schnee weiter rauf. Die Schneelandschaft war schon beeindruckend, auch wenn man in Nacht nicht all zu viel sehen konnte. Auf 5.400 Metern mussten wir eine Gletscherspalte queren. Da es über eine Woche nicht geregnet und geschneit hatte und ein Gletscher ja auch in ständiger Bewegung ist, war die Spalte über die Woche mächtig gewachsen. Guide Fausto machte sich - am Seil gut gesichert - mit zwei Eispickeln in der Hand daran, eine mögliche Querung über die Spalte zu suchen. Er fand auch eine Möglichkeit, für die uns jedoch die Ausrüstung und das Können fehlte, diese zu überqueren. Nachdem sich unsere Guides kurz beratschlagt haben, mussten wir die bittere Pille schlucken, dass es hier und jetzt für uns nicht weitergeht. Auf 5.400 Metern war Schluss und wir haben den Rückweg zum Refugio angetreten. Sehr schade, aber Sicherheit geht vor.


Der nächste Tag war dann zum ausruhen und nach dem Ruhetag ging es zum Chimborazo.
Emilio und ich sind zwei Stunden in Richtung Chimborazo Nationalpark gefahren. Mit dem Auto ging es zum höchsten Parkplatz Ecuadors, auf 4.850 Meter und von dort zur Whymper - Hütte auf 5.000 Metern. Es war nebelig, wolkig und die Luft hier oben dünn. Denn Berg konnte man nur erahnen.



Chimborazo - la montaña más alta en Ecuador

Emilio und ich waren die einzigen, die in der Nacht zum Gipfel aufbrechen wollten. Es gab ein leckeres Abendessen und um 18:30 Uhr lag ich bereits wieder im Schlafsack. Und auch in dieser kurzen Nacht habe ich kein Auge zugemacht, obwohl es absolut ruhig in der Hütte war und draußen kein Sturm tobte. Immer, wenn mir die Augen zu fielen, wurde die Atmung flacher. Dann bin ich schlagartig wieder aufgewacht und habe nach Luft gerungen - so ist das halt in der Hoehe und mit der duennen Luft. Um 23:00 Uhr war aufstehen angesagt , es gab wieder ein kleines Fruehstueck und um Mitternacht standen wir zwei startklar vor der Hütte. Der Nebel und die Wolken waren weg und man konnte den riesigen Berg und den Vorgipfel erkennen. Auch hier ging es anfangs über Sand und Steine, dann haben wir die Steigeisen angelegt. Über den Gletscher ging es geradeaus hoch in Richtung Gipfel. Es war mal mehr, mal weniger steil, aber der stetige Anstieg über weichen Schnee hat ganz schön an meiner Kondition gezehrt. Kurz nach Sonnenaufgang hat Emilio mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich immer langsamer geworden bin und mich gefragt, ob alles ok ist. Ich hatte keine Höhenprobleme, nur meine Kraft ließ stetig nach -  ich war fix und fertig. Für die letzten 100 Hoehenmeter zum Vorgipfel Ventimilla auf  6.228 Metern habe ich eine Stunde gebraucht. Kurz nach Sonnenaufgang kamen auch die Wolken wieder und der Hauptgipfel war nur kurze Zeit zu sehen. Und so kurz vor dem Ziel kam auch etwas Kraft zurück. Vom Vorgipfel ging es erst runter, dann wieder steil hinauf zum Hauptgipfel auf 6.310 Meter. Nach über sieben Stunden und 1.300 Hoehenmetern bergauf stand ich auf dem höchsten Berg Ecuadors. Ich bin in die Knie gesunken, wollte mich so richtig freuen, aber ich war einfach zu geschafft.
Auf dem Vorgipfel 6.228 Meter - im Hintergrund der Hauptgipfel

Am Ziel - 6.310 Meter über normal Null.

Wir waren nur kurz am Gipfel und viel gesehen hat man oben nicht. Die Wolken haben nur ganz kurz einen Blick auf das Umland freigegeben, bevor alles wieder zu war.
Über den Vorgipfel ging es dann wieder runter. Obwohl runter ja immer schneller geht als hoch, hatte ich ganz schön zu kämpfen. Meine Kraft ließ immer weiter nach und die letzten Meter waren wirklich eine Qual. Um 11:000 Uhr war ich endlich wieder in der Whymper - Hütte und konnte fast keinen Schritt mehr vor den anderen machen. Eine Cola, ein Snickers und ein paar Minuten Ruhe, und es ging weiter runter zum Auto und von dort zurück nach Latacunga.
Ich hatte seit dem Vortag nicht mehr geschlafen, einen Berg bestiegen und kaum dass ich im Auto sass, waren die Augen zu.
Richtig freuen konnte ich mich an diesem Tag nicht wirklich, da ich zu erschöpft war. Aber ich hatte immerhin nicht nur den höchsten Berg Ecuadors bestiegen, sondern auch den höchsten Berg der Welt. Der Chimborazo überragt den Mt. Everst um 2.220 Meter!!! Kein Witz. Aber wie immer, kommt es auf den Standpunkt der Betrachtung an. Und bei dieser Messung  geht man vom Erdmittelpunkt aus. Da unsere Erde ja keine runde Kugel, sondern eher ein Ei ist, ist der Chimborazo vom Erdmittelpunkt aus gemessen halt 2.220 Meter höher als der Everst.




Nach einem Ruhetag geht es morgen dann wieder auf das Rad. Entlang der Allee der Vulkane erhoffe ich mir einen guten Blick auf den Chimboarzo, den ich nochmal passiere, und natürlich auf andere schneebedeckte Gipfel Ecuadors. Bis zur Grenze Perus sind es noch ca. 800 sehr hügelige Kilometer....



Keine Kommentare: