Ushuaia, la ciudad mas austral del mundo y el fin del mundo.
Ushuaia, die südlichste Stadt der Welt und das Ende der Welt.
Von Rio Grande ging es am vorletzten Radtag nach Tolhuin, dem letzten Ort vor dem Ziel. Hier gab es nochmal eine Casa de Ciclista – die Panaderia “La Union” von Emilio. Panaderia ist spanisch für Bäckerei – und so wunderte es mich auch nicht, dass mein Rad neben Mehlsäcken geparkt wurde. Die Leute hier waren alle super nett und wo man auch ging, überall gab es was leckeres zu futtern – und zwar immer frisch vom Blech. Als ich am nächsten Tag los wollte, schneite es heftig. Da mein letztes Stück Weg noch über den Paso Geribaldi (ca. 500 Meter hoch) führte, riet man mir, lieber noch einen Tag zu warten, da der Schnee oben sehr heftig sein kann. Ich musste nicht groß überredet werden, denn dieser Ort war das Schlaraffenland. Ich habe dann am Vormittag einfach etwas in der Bäckerei mitgeholfen und 300 Empanadas gefüllt und gepresst. Mit lauter argentinischer Musik und Mate war eine gute Stimmung in dem Laden. Und als Arbeitslohn gab es frische Empanadas, Facturas und Churros con Dulce de Leche – so voll gefre…aeh gegessen war ich schon lange nicht mehr.
Gut Versorgt mit Leckerein ging es dann einen Tag speater auf zur letzten Etappe. Die Landschaft änderte sich noch einmal gewaltig. Das öde Grasland verschwand und es wuchsen wieder Bäume und die Anden türmten sich ein letztes mal auf, jedoch nicht von Nord nach Süd, sondern von Ost nach West.
An meinem letzten Radtag zog Feuerland noch mal alle Register und zeigte mir, was es kann. Ein Pass, Schnee, Regen, eisige Kälte und extremster Gegenwind haben die letzten 100 Kilometer
verdammt lang werden lassen. Manchmal war ich nur noch ein Spielball auf der Strasse, der vom Wind beim bergabfahren fast zum stillstand gebracht wurde oder aber nach rechts an die Leitplanken oder nach links auf die andere Straßenseite gedrückt wurde. Meine Freude auf Ushuaia war verflogen, denn es war einer dieser Radtage, an denen man richtig kämpfen musste, um sein Ziel zu erreichen. Nach mehr als 10 Stunden Schinderei erschienen dann völlig unspektakulär hinter einer Rechtskurve die beiden Holztuerme am Ortseingang von Ushuaia.
Ich hatte dieses Bild schon auf so vielen anderen Radseiten gesehen. Und nun stand ich selbst davor. Ein Jubelschrei, ein paar Fotos und eine Passkontrolle – und ich war da. Wenigsten schon mal körperlich. Für mehr hat es an diesem Tag nicht mehr gereicht. Meinen Plan, an der Bahia Lapataia zu zelten, habe ich verworfen, da es bereits nach 19:00 Uhr war und ich keine Lust mehr hatte, noch weitere 25 Kilometer zu fahren. Ab in ein Hostal, und nach Dusche und Essen nur noch schlafen. K.O. auf der letzten Etappe!
Am nächsten Morgen habe ich ein letztes mal meine Satteltaschen an das Rad gehängt und bin raus zum Nationalpark “Tierra del Fuego” und zur Bahia Lapataia. Hier endet die Ruta 3, hier hört die Strasse einfach auf. Schluss, aus, vorbei, Ende. Es geht nicht mehr weiter.
Und solche besonderen Orte sind natürlich auch immer sehr touristisch. Binnen Minuten sprach es sich rum, dass da so ein verrückter Radfahrer ist, der von Alaska bis an das Ende der Welt gefahren ist. Ich musste viele Fragen beantworten, konnte Gratulationen entgegen nehmen und wurde mehr fotografiert, als das bekannte Schild dort. Am aufdringlichsten war eine Gruppe Japaner, die mehr als 300 Fotos geschossen habe. Von mir, meinem Rad, meiner Wasserflasche, dem Radhelm und was sonst noch zu fotografieren ging. Mir wurde dieser ganze Trubel irgendwann zu viel und ich bin umgedreht und zurück nach Ushuaia gefahren.
Ich war zwar nun am Ziel, aber im Kopf war ich noch nicht angekommen. Dazu fehlte einfach die Ruhe. Zurück in der Stadt, habe ich an einem kleinen Kiosk gestoppt, mir - wie schon hunderte male zuvor - eine Cola und Schokolade gekauft und bin runter an den Beagle-Kanal gefahren. Dort habe ich mir einen ruhigen Platz mit tollem Blick auf die Stadt, den Kanal und die Berge gesucht. Mit lauter Musik in den Ohren, einer Flasche Cola und Schokolade war das MEIN Moment, der Moment an dem ich angekommen bin. Über eine Stunde habe ich hier gesessen und es genossen. Ich war angekommen.
Hinter mir liegt ein unvergessliches Abendteuer, eine unvergessliche Tour durch die Amerikas. Unzählige Eindrücke, Gefühle, Erfahrungen und Erlebnisse kreisen in meinem Kopf.
Dankbar und glücklich blicke ich auf die vergangenen Monate zurück, denn ich hatte die Möglichkeit, einen Traum zu leben.
Im laufe der Reise habe ich das Ziel “Feuerland” nie aus den Augen verloren, jedoch hat es an Bedeutung etwas verloren. Der Weg ist mein Ziel geworden. Es gab unzählige Momente, die intensiver, schöner und prägender waren, als in Ushuaia über die Ziellinie zu fahren. Ushuaia war das große Finale einer Tour, die die Welt etwas kleiner gemacht hat.
Das Rad ist verpackt und am Sonntag geht der Flieger zurück in die Heimat. Ich freue mich riesig endlich meine Familie, meine Freunde und Greffen wieder zu sehen. Gleichzeitig stelle ich mir aber auch die Frage, wie es wohl sein wird, nach so langer Zeit wieder in Deutschland zu sein. Um den Kulturschock nicht zu groß werden zu lassen und um die Tour gebührend ausklingen zu lassen, werde ich vom Flughafen in ein paar Tagen nach Hause fahren.
Und wer Zeit und Lust hat, ist herzlich eingeladen, mich auf den letzten Kilometern zu begleiten. Am Samstag, den 27.10.2012, werde ich so gegen 12:00 Uhr auf dem Heimathof in Harsewinkel sein. Um 12:30 Uhr geht es von dort dann die letzten Kilometer über die Ostortstrasse nach Greffen. Nach Hause!!!
Und wen es interessiert, wie es am Ende der Welt so aussieht, dem sei gesagt, dass Ushuaia wunderbar zwischen schneebedeckten Bergen und dem Beagle-Kanal liegt. Landschaftlich ein Traum. Die Stadt an sich ist aber schnell erkundet. In der Hauptstrasse reiht sich ein Nippes-Laden neben dem anderen, gefolgt von Outdoor-Läden, Hotels, Cafés und Restaurants. Zum Ausklang der Tour genau das Richtige….
I did it my may.