Dienstag, 24. Juli 2012

Ferien in den Bergen

Mit nur zwei Tagen in La Paz bleiben – daraus ist nichts geworden. Heute bin ich immer noch hier – und was in den letzten Tagen so los war, möchte ich nun erzählen:
   
Nach einer geruhsamen Nacht in der Casa de Ciclista, die direkt im Zentrum von La Paz liegt, habe ich am nächsten “Ruhtetag” die üblichen Dinge erledigt. Wäsche zur Wäscherei, Einkaufen im Supermarkt und etwas durch die Stadt schlendern. Auf meiner Tour durch die Stadt kam ich an einer Bergsteigeragentur vorbei. Reinschauen kann ja nicht schaden…. Ein kurzes Gespräch und Preisvergleiche – schon war eine Tour zum Huayna Potosi (6.088 Meter) gebucht. Abends gab es noch eine kurze Informationsveranstaltung und die Anprobe für Schuhe und Kleidung standen auf dem Programm. Am nächsten Morgen ging es dann los in Richtung Berg.
  
IMG_2070Ich hatte ja schon mit Blick auf den Berg gezeltet – aber je näher wir dem gewaltigen Bergmassiv kamen, desto sprachloser wurde ich. Das war schon ein großer Klotz, dem ich da auf das Dach steigen wollte. Am Basecamp angekommen wurden die schweren Rucksaecke geschultert und es ging hoch zum “Campo Alto Roca” auf 5.310 Meter. Eine einfache Hütte, voll mit Menschen, die einmal über 6.000 Metern stehen wollten. Nach dem Abendessen ging es in das Massenlager zum Schlafen – Schlafsack an Schlafsack. Und da war an schlafen nicht zu denken. Irgendeiner war immer am Husten, Prusten oder lief raus zur Toilette. Kurz vor Mitternacht machten sich die ersten Gruppen fertig für den Gipfelsturm. Mein Guide Felix war der Meinung, dass ich wohl fit genug bin und wir erst um 2:00 Uhr losgehen müssten. OK – bleibe ich halt noch etwas liegen. Um 2:00 Uhr verließ ich dann so ziemlich als letzter die Hütte. Die Höhe hat mir nicht viel ausgemacht und so haben wir ein gutes Tempo an den Tag bzw. die Nacht gelegt. Über mir der sternenklare Himmel, unten im Tal die Lichter von El Alto. Meter um Meter ging es hoch und es war nicht all zu kalt. Bis auf 6.000 Meter war es fast ein Kinderspiel. Für die letzten 88 Höhenmeter sagte mir Felix, ich soll mich nun etwas konzentrieren, denn es geht über einen ziemlich schmalen Grad hoch zum Gipfel. Ich hatte anfangs etwas Herzklopfen auf dem Grad,  das sich aber mit jedem Schritt legte. Wir hatten alle anderen Gruppen überholt und ich stand gegen 07:00 Uhr auf dem Gipfel – 6.088 Meter über dem Meeresspiegel. Es war kurz vor Sonnenaufgang und der Ausblick auf das Land mit der aufgehenden Sonne hat mich ziemlich sprachlos gemacht. Ich konnte den Titicacasee sehen, der Kessel von La Paz sowie der Jungel lagen unter eine Wolkendecke und der Bergriese Illamanie sowie die gesamte Cordilliera Real schimmerte golden im Licht der aufgehenden Sonne.
   
Panorama Huayna Potosi I
    
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Wir waren eine halbe Stunde oben, dann ging es wieder runter. In der Nacht hat man leider keinen Blick au die Schnee- und Eiswelt die einen umgibt. Dafür war es beim runtergehen um so schöner von dieser weissen Unendlichkeit umgeben zu sein.
    
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Es war Sonntag, als ich wieder zurück in La Paz war. Am Montag wollte ich dann noch einige Besorgungen erledigen und die Stadt so schnell wie möglich wieder verlassen. Aber: Fehlanzeige. Am Montag hat sich La Paz selber gefeiert. 203 Jahre wurde die Stadt alt und an diesem Tag war auch ALLES geschlossen. Es gab viele Paraden und die alltägliche Hektik der Millionenmetropole kam etwas zur Ruhe. Ich habe mir an der Kathedrale das bunte Treiben angesehen und die vielen Musikkapellen haben auch den einen oder anderen bekannten Marsch zum besten gegeben.
    
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Es war ein farbenfrohes und musikalisches Spektakel. Die gesamte Politprominenz der Stadt hat sich auf der Ehrentribüne präsentiert, ein feierliches Hochamt wurde zelebriert und “Viva La Paz” hallte durch die Strassen und über die Plätze.
Am Dienstag war dann wieder Alltag angesagt – die Stadt war hektische und der Verkehr wieder nervtötend. Kurz bevor ich am Morgen losging um einige Dinge zu erledigen, wurde in der Casa de Ciclista über Berge philosophiert. Inspiriert vom “Sajama” – dem höchsten Berg Boliviens mit 6.549 Metern - bin ich in die Stadt und habe noch mal unverbindlich einige Bergagenturen abgeklappert und  nach einer Besteigungsmoeglichkeit gefragt. Es schien aber so, dass ich wohl der einzige war, der dort hoch wollte. Und für mich alleine wäre das mit 700 US $ dann doch wohl etwas zu teuer geworden. Zurück in der Casa habe ich davon erzählt und so nach und nach fanden sich vier andere Radler, die den Berg auch gerne angehen wollten. Am Abend war es dann beschlossene Sache – zu fünft wollten wir auch diesem Berg auf das Dach steigen und das ohne Agentur sondern in Eigenregie. Somit wurde meine Abfahrt mal wieder verschoben – aber für einen Berg sollte das kein Problem sein. Am nächsten Tag wurde alles organisatorische erledigt. Busticket kaufen, Ausrüstung ausleihen, Lebensmittel einkaufen.
  
Tagebuch einer Bergbesteigung
    
19.07.2012 – Tag 1
Mit zwei Taxen und riesigen Rucksäcken fuhren wir um 06:00 Uhr zum Busbahnhof. Der Bus fuhr pünktlich um 07:00 Uhr ab. Gegen 10:30 Uhr hielt der Bus mitten im Nichts an – wir mussten hier aussteigen. Ein altes Schild weist den Weg in eine Schotterstrasse zum Dorf Sajama. Netterweise ist auf dem Schild auch angegeben, dass es 11 km bis zum Dorf sind. Mit den deutlich über 25kg schweren Rucksaecken nehmen wir die Beine in die Hand und marschieren los. Im Dorf angekommen, stärken wir uns erst mal und organisieren einen Guide für den Gipfelsturm. Die Packesel sind alle unterwegs und somit müssen wir unseren Rucksack auch noch bis rauf in das Basecamp schleppen. Weitere 8 km und einige Höhenmeter später erreichen wir endlich das Basecamp auf 4.800 Metern. Die Sonne geht gerade unter und es wird eisig kalt. Zelte aufbauen, kochen, essen und ab in die Schlafsäcke. Die Schultern brennen und die Fuesse qualmen.
   
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20.07.2012 – Tag 2
Mit Sonnenaufgang kriechen wir aus unseren Schlafsäcken. Es ist immer noch eisig kalt, denn die Sonne hat unser Camp noch nicht erreicht. Pünktlich erscheint unser Guide, wir schultern wieder unsere schweren Rucksacke, die diesmal noch um 4 Liter Wasser bereichert sind. Anfangs ist der Weg hoch noch gut zu gehen, bis wir die Steigeisen anlegen und Bekanntschaft mit “Büßereis” machen. Es ist wahnsinning anstrengend in diesen Eisfeldern zu gehen und die Höhe macht sich zudem auch noch bemerkbar. Gegen 16:00 Uhr erreichen wir das Hochcamp auf 5.700 Metern. Für die Zelte müssen wir in Schnee und Eis eine ebene Fläche mit dem Eispickel schaffen – das alles strengt sehr an. Dann wird Abendessen gekocht und mit Sonnenuntergang sinkt die Temperatur wieder auf das gefühlte Niveau einer Kühltruhe. Matheo der Spanier und ich sitzen noch bis 20:00 Uhr vor den Zelten und schmelzen Schnee zu Wasser, damit wir auch genug Flüssigkeit für den nächsten Tag haben. Eine langwierige Prozedur. Die Kälte kriecht durch jede Ritze der Kleidung. Kurz nach 20:00 Uhr liege ich mit allem, was ich an Kleidung mit habe, im Schlafsack. Juan, der Argentinier mit dem ich mir das Zelt teile, ist völlig fertig und die Höhe macht ihm zu schaffen. Er liegt unruhig im Schlafsack und wird nicht mit zum Gipfel kommen. So kann ein 39. Geburtstag aussehen – wobei ich der Variante “mit Bier auf dem Balkon sitzen” in diesem Moment deutlich den Vorzug gegeben habe.
   
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21.07.2012 – Tag 3
Um Mitternacht stehen wir auf. Das Anziehen in der Höhe und Kälte ist anstrengend und bringt mich richtig aus der Puste. Fruehstueck bekomme ich nicht runter. Ich bin irgendwie fertig und habe nicht eine Minute geschlafen. Wir ziehen die Steigeisen an und marschieren gegen 01:00 Uhr los. Es geht fast nur über Büßereis. Dann kommt eine steile Schneeflanke, die wir gesichert empor steigen. Dann geht es weiter über Büßereis. Ich hasse es. Die Pausen werden immer mehr, immer länger. Gegen 5:20 Uhr auf 6.100 Metern frage ich unseren Guide, wie lange der Weg hoch und runter dauern wird. Die Antwort war niederschmetternd. Wir waren zu langsam. Knapp 3,5 bis 4 Stunden rauf, 3 bis 4 Stunden runter zum Hochlager und dann noch mal 3 bis 4 Stunden runter in das Basislager. In meinem Kopf begannen die Gedanken zu kreisen. Bis hoch zum Gipfel würde ich es schaffen, aber dann wäre keine Kraft mehr da, für den Rückweg. Wenn ich jetzt umkehre, muss der Guide mit runter und die anderen können nicht weitergehen – was machen??? Nach Luft ringend stand ich in der Kälte der Nacht und musste eine Entscheidung treffen. Nach abwägen aller Gegebenheiten, stand für mich fest: ich muss runter. Schluss, aus, vorbei. Und ich war heilfroh, dass auch Matheo am Ende war und sich sofort meiner Entscheidung anschloss, runter zu gehen. Die beiden Polen Agnieszka und Mateusz überlegten kurz, ob sie alleine weiter gehen sollten, entschieden sich dann aber auch, um zukehren. Bis zum Hochlager ging es so, dann ließ die Kraft immer weiter nach und ich bin mit den Steigeisen den Berg runter, wie ein Anfänger. Wieder dieses verdammte Büßereis. Mit letzter Kraft habe ich um 18:00 Uhr das Basecamp erreicht. Die Entscheidung abzubrechen war richtig – kam aber etwas zu spät.
     
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22.07.2012 – Tag 4
Nach einer weiteren kalten Nacht im Basecamp brechen wir nach dem Frühstück unsere Zelte ab. Juan und ich mieten einen Esel, der unsere Rucksäcke zurück in das Dorf bringt. Dort angekommen gibt es erst mal Cola ohne Ende und ein gutes Mittagessen. Dann organisieren wir ein Taxi, dass uns direkt nach La Paz bringt. Mit bolivianischer Musik bringt uns der Fahrer sicher zurück und auf die heiße Dusche habe wir uns alle richtig gefreut. Die Casa ist in der Zwischenzeit von 15 Radfahrern bewohnt. Fünf hat der Eigentümer Christian ausquatiert, da sonst nicht genug Platz für alle gewesen wäre. Wir haben so einiges zu erzählen, bevor wir gegen Mitternacht müde in unsere Schlafsäcke verschwinden.
    
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Soviel zu meinen Ferien in den Bergen. Die Leihausrüstung ist zurück gegeben und ich brauche heute auch noch einen Ruhetag. Morgen geht es dann aber definitiv weiter – Berge hin oder her. Ich freue mich nun auf das nächste große Abenteuer – den Salar de Uyuni.
    
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für all die netten Mails mit Glueckwuenschen zum Geburtstag. Der zweite auf meiner Reise. Krachen lassen konnte ich es aufgrund der örtlichen Gegebenheiten jedoch nicht. Und nachdem ich nun drei Geburtstag in Folge auf Reisen war und kein Bier ausgeben konnte, werde ich das am nächsten Geburtstag alles nachholen – wird ja schließlich der 40. Und der fällt auch noch passend auf einen Samstag. Also, 20 Juli 2013 schon mal vormerken. Kaltes Bier und Bratwurst auf dem Hof Lanwehr.

Und zu guter letzt:
  
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Freitag, 13. Juli 2012

Auf nach Bolivien – Land Nr. 13

Nach einem guten Fruehstueck im Hostel mache ich mich auf den Weg aus der Millionenstadt Arequipa. Dank meinem I-Phone und der Kartenapp finde ich gut aus der Stadt heraus und schon bald dominieren nicht mehr Häuser den Horizont sondern die beiden Vulkane Misti und Chachani, die ich fast zur Hälfte umrunde. Von 2.300 Metern geht es in knapp zwei Tagen rauf auf 4.528 Meter. Hier oben liegt der aus einigen Hütten bestehende Ort “Crucero Alto”.
  
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Es gibt nur sehr wenige Hütten und Orte entlang der Strasse, aber die Landschaft im Nationalpark “Salinas-Aguada Blanca” ist mal wieder wunderschön. Es geht an kleinen und grossen Lagunen vorbei, in denen sich Flamingos finden und viele Vecunaherden grasen entlang der Strasse. Ich spüre deutlich die dünne Luft, denn meine Akklimatisation der letzten Wochen ist auf Meereshöhe schnell wieder verschwunden und mein Körper muss sich erneut an die Höhe gewöhnen. Ferner weht hier oben im Altiplano ein eisiger Wind und einen Tag zieht sich der Himmel so zu, dass es anfängt leicht zu schneien. Tagsüber fahre ich mit Daunenjacke und dicken Handschuhen, denn der Wind kuehlt einen so richtig aus. Abends ist es schwer, einen windgeschützten Platz für das Zelt zu finden, da es hier bis auf Steppengras und Steinen nicht viel gibt. Und obwohl mein Daunenschlafsack sehr warm ist, lasse ich in den Naechten so einige Sachen an, damit ich nicht frieren muss. Wasser und Batterien teilen sich mal wieder mit mir den Schlafsack.
   
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Nachdem ich den höchsten Punkt erreicht hatte, ging die Strasse im welligen auf und ab durch die Landschaft. Aber auch ebene Strecken mit Rückenwind liessen die Tageskilometer schnell anwachsen, so dass ich bis zum Titicacasee sehr gut vorangekommen bin. Den ersten Blick auf den See hatte ich in Puno – aber dass es jetzt so beeindruckend war, kann ich nicht behaupten. In Puno habe ich in einer “Plaza Real” (einem grossen Einkaufszentrum, die man überall in den grossen Städten Perus findet) meine Essenstasche mit guten Leckereien aufgefüllt und bin weiter. Die Strasse entfernte sich wieder vom See und er war für die nächsten 80km nicht mehr zu sehen. Erst ab “Juli” konnte man den See wieder sehen und die Strasse führte am See entlang. Ab hier würde ich den See dann auch als schön beschreiben. Ich war fast am Suedufer und konnte das Nordufer nicht sehen. Am Ostufer war bereits Bolivien und die schneebedeckten Berge der “Cordillera Real” ragten in der Ferne gigantisch in den Himmel.
   
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Panorama Titicacasee
  
Yunguyo heisst der Grenzort in Peru – ich bekam meinen Ausreisestempel in den Pass und 200 Meter weiter begrüßte mich ein älterer Herr an der Strasse mit “Bienvenidos a Bolivia”. Kasani heisst der Grenzort auf der bolivianischen Seite – und auch hier gab es den Einreisestempel ohne großes Prozedere. Lediglich eine blaueTouristenkarte musste ich ausfuellen. Und eh ich mich versah, war ich im 13. Land meiner Reise angekommen. Beide Grenzorte sind verschlafen und ruhig und keine lästigen Geldwechsler bedrängten einen. Ich konnte in aller Ruhe mein Geld in einem “Casa de Gambio” wechseln und zur Feier des Tages gab es an der Grenze erst mal eine Cola und Schokolade. Mit dem Grenzübertritt wurde die Uhr auch um eine Stunde vorgestellt. Der Zeitunterschied zu Deutschland ist somit nur noch 6 Stunden.
   
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Dann ging es noch 8 hügelige Kilometer nach Copacabana, einem schonen aber sehr touristischen Ort direkt am Titicacasee. Ich hatte von anderen Reisenden gehört, dass Bolivien ein günstiges Reiseland ist. Wie günstig, habe ich dann in Copacabana erfahren. Nach den eisigen Campingnächten durfte es ein etwas besseres Hotel sein. Ich habe am ersten angehalten und nach dem Preis gefragt. Nicht einmal, nicht zweimal sondern dreimal – um auch sicher zu sein, dass ich das richtig verstanden hatte. Für umgerechnet 5,40 EUR habe ich dann in einem der besten Hotels des Orts genaechtigt. Alles neu und modern, warmes Wasser, Holzfussboden, TV und pikobello sauber. Ich war begeistert.
Nach einem Ruhetag ging es weiter in die Hauptstadt Boliviens – La Paz. Es ging weiter am Titicacasee entlang. An einer Engstelle musste ich mit einem Holzboot übersetzen. 5 Bolivianos hat die Überfahrt auf dem abenteuerlichen Schiff gekostet. Das die Dinger überhaupt auf dem Wasser geschwommen sind, war schon beachtlich, vorallem wenn man mal sieht, was die so alles geladen hatten.
  
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Die Cordillera Real wurde immer beeindruckender und die beiden Bergriesen Huayna Potosi (6.088m) und Nevado Illimani (6.439m) setzten sich immer mehr in Szene. So 30 km vor La Paz ging es dann los. Die Bebauung wurde immer dichter, der Verkehr immer mehr, die Dunstwolke der Autos stank zum Himmel. El Alto (Vorort von La Paz) war dann der Höhepunkt des Chaos. Ich habe schon viel Erlebt, aber der Verkehr hier hat mir echt den letzten Nerv geraubt. Collectivos (kleine Busse) fuhren, standen, kreuzten, jagten einfach überall. Einer “rammte” mich sogar und als ich schreiend auf der Strasse stand, schaute er mich nur komisch an – so nach dem Motto: was machst du auch hier mit deinem Fahrrad. Ueber die Autobahn ging es runter in den Schmelztiegel La Paz – auf etwas mehr wie 10km ging es gute 500 Hoehenmeter runter. Die Hauptstadt Boliviens ist gross, geschaeftig, voll und unruhig. Viel Verkehr verstopft die Strassen. Der einzige Lichtblick: Die Casa de Ciclista von Cristian. Hier bin ich untergekommen und teile mir das Haus mit 4 anderen Radfahrern. Mal schauen, wie lange ich hier bleibe….
  
Panorama La Paz
    
   
Und sonst:
  
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Ein LKW mit “Gloria” Dosenmilch ist in einer Kurve umgekippt. Die Einheimischen hat es gefreut – denn es gab Dosenmilch ohne Ende.



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Zwei riesige Inka-Koepfe bewachen die Strasse und schauen auf den Asphalt. Erinnert mich irgendwie an “Die unendliche Geschichte”, wo Atreiu mit seinem Pferd mitten durch die zwei Steinfiguren reiten muss, aus deren Augen toedliche Strahlen kommen.

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Getreide wird zum trocknen aufgestellt – wie vor 70 Jahren bei uns auch. Und die Hirten gehen mit ihren Kuehen, Schafen oder Schweinen an der Leine raus zu den Plaetzen, wo die Tiere Futter finden.



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In Peru seinen Weg zu finden, ist nicht immer einfach. Es gibt kaum Schilder oder Wegweiser. Vorallem in den Staedten sucht man nach Strassennamen manchmal vergebens. Da hilft nur eines: Fragen. Aber die Peruaner kennen sich in ihrem Land gut aus und helfen gerne.

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Camping mit Blick auf den Huayna Potosi im Sonnenuntergang.




    

Dienstag, 10. Juli 2012

1.000km zum 19.


1.000km zum 19. - 07.07.2012 um 08:39 Uhr
Peru, an der Laguna Lagunillas auf ca. 4.300 Metern.

PS: Bin übrigens heute in Bolivien angekommen - Land Nummer 13. Grenzübertritt verlief ohne Probleme.
   

Donnerstag, 5. Juli 2012

Von Pisco nach Arequipa


2007 gab es ein großes Erdbeben in Pisco, dass fast 80% der Stadt zerstört hat. In der grossen Kirche starben während einer Messe allein über 250 Menschen, als der Bau in sich zusammenbrach. Als ich in Pisco angekommen bin, hat die Stadt auf mich einen “anderen” Eindruck gemacht, als die Städte zuvor. Es gab nur wenige hohe Bauten, die meisten GebäudeIMG_1325 sind nur einstöckig. Die Hotels wurden schnellsten wieder aufgebaut und das alte Rathaus mit seinem zerstörten Turm steht mahnend im Zentrum. Aber die Stadt mit der grossen Plaza de Armas hat einen netten Eindruck hinterlassen. Pisco ist übrigens nicht nur der Name der Stadt, sondern so heisst auch das alkoholische Nationalgetränkt – welches ich in Form von “Pisco Sour” mit einem guten Bier probiert habe. Ferner habe ich von Pisco aus eine Tagestour zu den “Islas Ballestas” gemacht. Auf und um die Inseln sieht man tausende von Vögeln, die dort den Naturdünger “Guano” produzieren, Robben und Humboldtpinguine. Außerdem bekommt man mit dem “Candelabra” schon mal einen Vorgeschmack auf Nazca. Die Tagestour schloss mit einer Fahrt über die “Paracas Insel” ab – eine Wüsteninsel mit viel Sand – war für mich nicht so interessant, da ich die Kuestenwueste Perus bereits mehr als genug gefahren bin.
 
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Entlang der Panamericana ging es in Richtung Nazca – einer der Hauptgründe, warum ich wieder an die Küste gefahren bin. Die Wüste war heiss, staubig, ich hatte viel Gegenwind und es wurde vor Nazca gut hügelig. Einige Kilometer vor Nazca findet man an der Strasse das “Maria Reich Museum”. Maria Reich wurde in Dresden geboren und hat fast ihr ganzes Leben den Linien von Nazca gewidmet. Bis heute ist es aber noch keinem Wissenschaftler gelungen, zu ergründen, was die 2000 Jahr alten Linien, Formen und Geoglyphen genau zu bedeuten haben.
    
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Die Linien erstrecken sich auf einer Wuestenflaeche von 500 qkm, sie sind bis zu 20km lang und die Figuren mehrere hundert Meter groß. Die Panamericana wurde mitten durch die Linien gebaut und man merkt ueberhaupt nicht, dass man mitten durch die Geschichte fährt. Bis man einen Turm aus Stahl an der Strasse findet. Diesen habe ich erklommen und einen ersten Eindruck der Linien bekommen, die man nur aus der Luft sehen kann. Ich wollte aber noch etwas mehr sehen und habe darum einen 30minuetigen Rundflug über die Linien gemacht. Aus der kleinen Chessna hatte man einen faszinierenden Blick auf die Figuren im Wüstensand. Der Pilot hat das Flugzeug über jeder Figur in schräglage gebracht, damit man einen guten Blick auf die Figuren hat. Der Nachteil dieser akrobatischen Fliegerkunst: Mit war soooooooowas von übel, dass ich heilfroh war, als die Maschine wieder auf dem Boden stand.
  
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Auf den Bildern oben sind zu sehen: der Kolibrie (97 Meter groß), der Astronaut (35 Meter groß), der Affe (90 Meter groß) und Condor (135 Meter groß).
    
IMG_1507Am Nachmittag habe ich dann im Hotel die Niederlage der Deutschen gegen Italien mit ansehen müssen und das war am nächsten Tag durchaus ein großes Thema in den hiesigen Zeitungen. Die Peruaner sind sehr begeisterte Fußballfans und seit dem ich in Peru bin, weiss ich auch, dass Claudio Pizarro bei Werder Bremen spielt…(perdon: spielte !!)


In der Nähe von Nazca gibt es noch den Friedhof “Chauchilla”. Hier findet man mumifizierte Leichen, die um ca. 200 n. Chr. hier begraben wurden. Die Toten wurden sitzend und mit Blick nach Osten begraben (da hier die Sonne aufgeht). Ferner wurde den Toten wertvolle Grabbeigaben mitgegeben, damit sie im Jenseits etwas hatten. Neben Essen und Tonarbeiten war das auch Gold. Und dieses Gold hat Grabräuber angezogen, die die Gräber geplündert und die Mumien zerstört haben. Durch Sonne und Wind sind die mumifizierten Leichen in den offenen Gräbern dann zu Skeletten mit Kleidung geworden.
    
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Nächstes Ziel war dann die zweit größte Stadt Perus – Arequipa. Die Millionenmetropole wird auch als die “weisse Stadt” bezeichnet, da viele Bauten im Stadtzentrum aus weißem Vulkanstein erbaut sind. Mittelpunkt der Stadt ist die “Plaza de Armas” mit der grossen Kathedrale. Wenn man durch die Fußgängerzone schlendert, dann könnte man meinen, in einer deutschen Großstadt zu sein. Viele Geschäfte, Restaurants und Banken reihen sich aneinander. Ich habe auch ein Starbucks-Cafe entdeckt, in dem ich einige Stunden verbracht habe. Uebergluecklich war ich auch, als ich in einem Outdoor-Laden endlich eine neue Isomatte erstanden habe, in einem Radladen zwei “durchgedrehte Schrauben” an meinem Rad fachmännisch ersetzt wurden und ich eine neue Tasche für meine kleine Kamera in den Händen hielt. Arequipa ist auch der Ausgangspunkt für Touren zum Colca-Canyon, dem zweittiefste Canyon der Welt. Bei einer zweitägigen Trekking-Tour habe ich zusammen mit Lucy, Allan und Alex einen Eindruck von diesem gewaltigen Canyon bekommen. Wir haben Kondore gesehen, die majestaetisch durch die Luefte flogen und die “Terrassen der Incas” bestaunt. Eine lohnenswerte Tour, auch wenn ich am Tag darauf ganz schoen Muskelkater in den Beinen hatte – wandern ist halt doch was anderes als radfahren.
  
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Arequipa wird umringt von zwei Vulkanen. Dem Misti (5.825m), einem wunderschoenen Vulkankegel, und dem Chachani (6.075m). Letzterem wollte ich auf das Dach steigen, aber die Tour wurde abgesagt, da meine beiden Mitstreiter ploetzlich erkrankt sind. Wenn ich allein auf Tour gegangen waere, dann haette das mal eben 175 US $ mehr gekostet und das war mir dann doch zu viel. Das die Tour abgesagt wurde, war für mich Glueck im Unglueck, denn auch ich wurde ploetzlich krank und Montesumas Rache hat mich voellig aus der Bahn geworfen. Doch dank der Pharmacia, die ein paar gute Pillen für mich hatte, und der Fuersorge meines Herbergsvaters war das nur eine eintaegige Angelegenheit. Mein Herbergsvater Nino hat mir geraten, Tee zu trinken. Und wenn man hier Tee trinkt, dann ist das meistens Koka-Tee. Mit heissem Wasser werden Koka-Blaetter aufgekocht, die man hier ueberall legal kaufen kann. Wenn mir dann noch einer verraet, wie man daraus Koks macht, könnte das eine lukrative Nebenbeschaeftigung werden (grins).
   
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Nun geht es morgen – nach einem nicht geplanten Tag Zwangspause – weiter in Richtung Titicacasee und der Grenze zu Bolivien. Ich reise nun schon seit über sechs Wochen durch Peru und mir gefällt das Land sehr gut. Die Landschaft ist atemberaubend schoen und abwechslungsreich, es gibt viel zu entdecken und sehen. Auch wenn die Anden ganz schoen anstrengend sind, sind sie jeden Kilometer wert. Das einzige was ich an dem Land nicht mag, sind die Hunde und die nervtötenden hupenden Autos.
      
(Noch was in eigener Sache: Ich bin der deutschen Rechtschreibung noch mächtig, jedoch hat mein PC eine US-Tastatur und somit kein ae, oe, ue, oder ss - und die Rechtschreibepruefung bei Google macht heute mal wieder was sie will - aber nicht das, was ich will......)